Verschiedene Arten der Zistrosen sind in der Region Algarve weit verbreitet. Sie können dem Wanderer ein Anzeiger für die Eigenschaften des Bodens und den Zustand der Natur sein.
Ein Teil des schon erwähnten herrlichen Algarve-Duftes wird von den Zistrosen produziert. Die Pflanzen sondern harzige Ausscheidungen ab. In ihnen sind die entsprechenden flüchtigen ätherischen Öle enthalten, von denen dieser Duft herrührt. Auf mich wirkt dieser Geruch immer wieder äußerst anziehend. Zusammen mit den anderen Wohlgerüchen der algarvischen Landschaft macht er einen Teil der Natursphäre aus, die einen dort umgibt.
Leider sind die ausgedehnten Zistrosen-Bestände, die man mancherorts in der Serra und auch in Küstennähe antrifft, nicht gerade ein Zeichen für intakte Natur. Es handelt sich eher um eine Sekundär-Vegetation auf ausgelaugten beziehungsweise durch Erosion abgetragenen Böden, auf denen kaum noch andere Pflanzen Fuß fassen können. Immerhin zeigt es, dass die Natur für alle Fälle etwas bereithält, was dann doch noch geht, wenn die angestammte Lebensgemeinschaft zerstört ist. Es liegt im Auge des Betrachters, ob man solche Flächen traurig oder schön finden will. Da sie nun einmal vorhanden sind und nichts dagegen zu machen ist, möchte ich lieber das wahrnehmen, was mir daran ansprechend vorkommt.
Es gibt ganz verschiedene Arten von Zistrosen mit ganz unterschiedlichen Ansprüchen. Da ist zum Beispiel die Montpellier-Zistrose (cistus monspeliensis), die auf so genannten basischen Böden wächst, also solchen in denen Kalk enthalten ist. Sie ist also am ehesten vergesellschaftet mit Kermeseiche, Jasmin oder europäischer Zwergpalme. Dagegen wächst die hübsche Lack-Zistrose (cistus ladanifer) mit ihrem markanten Fleck auf jedem Blütenblatt in der Mitte der Blüte typischerweise auf sauren Böden. Sie kommt daher zusammen mit Korkeiche, Baumheide oder Sandröschen vor. Das Grundgestein dieser Böden ist im Algarve meist Granit oder Schiefer. Dann gibt es auch noch die die kretische Zistrose mit ihren lila Blüten, die meines Wissens nicht so spezialisiert ist wie die beiden anderen.
Allen Zistrosen gemeinsam ist, dass die Blütenblätter nicht glatt, sondern mehr oder weniger zerknittert wirken. Am längsten blüht die kretische Zistrose, die im Dezember anfängt und bis Ende Juni blühen kann. Die beiden anderen Arten blühen im Wesentlichen von April bis Juni, aber auch Mitte März und im Juli habe ich schon etliche blühende Exemplare gesehen.
Besonders die Lack-Zistrose sondert an ihren Kelchblättern, aber auch an den Laubblättern viel von dem beschriebenen Harz ab, so dass sie sich absolut klebrig anfühlt. Der Geruch ist so intensiv, wie er in einem deutschen Kiefernwald, der ja auch nach Harz, wenn auch etwas anders, duften kann, niemals erreicht wird.
In den Samenkapseln sind winzige Körnchen. Die Kapseln platzen auf, wenn die Samen reif sind und die Kapsel austrocknet.
In den Jahreszeiten, in denen keine Blüten an den Sträuchern sind, kann eine Fläche mit Zistrosen schon ein bisschen trist wirken. Und das ist auch ganz berechtigt, sind sie doch wie oben beschrieben nicht nur schön, sondern vielerorts auch Anzeiger dafür, dass die Natur durch menschliche Eingriffe im Zuge der Abholzung ehemals vorhandener Wälder ein wenig aus den Fugen ist.