An der Westküste des Algarve ist es vollkommen anders als an den Küsten des Südostens, wo auch die Ilha de Tavira liegt. Die Küste des Westens ist schroff, steil und wild. Das Meer kommt oft tosend und schäumend vom Westwind getrieben an der Küste an. Trotzdem gibt es einige zum Teil auch sehr beliebte Strände dort.
Diese Strände liegen den Felsen vorgelagert als Sandbuchten, die oft sehr abgelegen sind, unten am Meer. Einer von ihnen ist der Praia do Figueras. In den Übergangszeiten und im Winter ist er bisher nicht überbevölkert gewesen, wenn wir dort waren. Wir befanden uns ein paar Mal ganz allein an diesem Traumstrand. Auch im Sommer gibt es sicher deutlich schlimmeres als diesen Strand. Er soll in der Hauptsaison sogar bewacht sein. Das spricht dafür, dass dann doch mehr Besucher kommen. Aber zu so einer Zeit fahre ich nicht nach Portugal und weiß das nur von Leuten, die in einem Ort hinter der Westküste wohnen.
Durch die Brandung ist die Luft meist mit einem feinen Hauch von Salzwasser-Tröpfchen angereichert, wenn der entsprechende Wind weht. Schon, wenn man ankommt, kann man spüren, wie gut das alles tut. Ich laufe dort gern mit den Füßen im Wasser herum und genieße die Atmosphäre. Aber nur bis es mir an die Kniee reicht. Baden würde ich dort um keinen Preis. Denn die Wasserverhältnisse sind mir zu unsicher und man darf niemals den Sog unterschätzen, den das zurückströmende Wasser ausübt, wenn eine Welle auf dem Strand ausgelaufen ist. Ich habe allerdings schon Leute gesehen, die weit draußen vor der Küste waren und sich offenbar auf einer Sandbank mit Wellenspringen vergnügten. Ich finde, dass das ziemlich leichtsinnig ist, denn auch ein guter Schwimmer kann der Gewalt des Wassers erliegen, wenn er Pech hat und die Strömungen nicht kennt. Jedes Jahr kommen an der Westküste einige Menschen ums Leben. Aber ich bin ohnehin zwar sehr gern am Wasser, nicht aber im oder auf dem Wasser. Vielleicht sieht jemand, der sich als sicherer Schwimmer fühlt, die Sache ja ganz anders.
Da wir uns auf das beschränken, was wir für machbar halten und keine Risiken eingehen, können wir den Aufenthalt am Praia do Figueras unbeschwert genießen. Die Zufahrt zu diesem Strand führt über mehrere Kilometer auf Schotterpisten durch die Hügel. Der Weg windet sich in vielen Kurven durch das Gelände und überwindet einen beträchtlichen Höhenunterschied, erst etwas aufwärts und dann hinunter zum Meer. Er ist manchmal so erodiert, dass man an und für sich mit einem Geländewagen besser beraten wäre. Wenn man dann nach einem halben Jahr oder so wiederkommt, kann es aber durchaus sein, dass einiges daran ausgebessert wurde und man wieder ohne allzu viel Zirkeln mit dem Mietwagen hinunter kommt. [ad#160×600-left]Leider hat man auch am Figueras begonnen, irgendwelche Strukturen zu planen und zu bauen, von denen man offenbar annimmt, dass sie den Tourismus fördern. So wurde um den Parkplatz herum eine Abgrenzung aus Holz errichtet, die es früher nicht gab. Wie überall im Algarve wird so auch hier die Ursprünglichkeit immer weiter untergraben. Das ist sehr, sehr schade, denn dadurch wird dem Urlaub hier ständig mehr von seinem Reiz genommen. Aber das Meer bleibt zu allen Zeiten noch das alte, und solange man sich nicht einfallen lässt, sogar hier irgendwelche Strandbuden aufzustellen, wird der Praia do Figueras seine Anziehungskraft auf mich behalten.
Der Praia do Vale Figueras befindet sich wie einige andere auch im Bereich des Naturschutzgebiets Costa Vicentina. Er ist von grünen Hügeln umgeben. Das Grün wird auf weiten Flächen von Zistrosen bestimmt, wobei ich nicht weiß, ob hier früher Wald gestanden hatte und das eine Sekundärvegetation ist, oder ob in diesem Gebiet die Zistrose von Natur aus vorherrschend ist. In dem hügeligen Bergland hinter dem Strand gibt es einige Pfade und Wege, auf denen sogar teilweise Wanderstrecken ausgeschildert sind. Natürlich sind wir dort ein Stück entlanglaufen. An vielen Stellen wird der Strand selbst von schroffen Felsen begrenzt. Unterhalb der Felsen hat sich allerlei Gestein angesammelt, das wahrscheinlich von dort abgebrochen ist. Beeindruckend finde ich auch, die geologischen Kräfte, die hier am Ende Europas dafür gesorgt hat, dass sich die Gesteinsschichten gehoben und schräg gestellt haben. Klar, das kann man auch bei uns in Deutschland an vielen Stellen sehen und muss dafür nicht einmal in die Alpen fahren. Die Formationen bei uns in den Mittelgebirgen und sogar in manchem Hügelland sind nicht weniger beeindruckend. Aber hier im Algarve kommt die unmittelbare Anwesenheit eines oft tosenden Ozeans hinzu und dass es das Ende Europas ist. Zudem wird das Ganze von der gleißenden Helligkeit der südlichen Sonne beleuchtet, bei meist entsprechend warmem Wetter. Das alles zusammen macht diese Stelle für mich zu einem ganz speziellen Ort.